Dezember 2012

Positionspapier des Arbeitskreis Wohnungsnot zur Wohnaufwendungenverordnung (WAV) vom 01.05.2012

Zum 1. Mai 2012 trat die neue Regelung über die Höhe der angemessenen Aufwendung für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuch – die Wohnaufwendungenverordnung (WAV) in Kraft.

Kritische Eingaben dazu gibt es von verschiedenen Verbänden wie der Landesarmutskonferenz Berlin oder dem Berliner Mieterverein, die auch von uns mitgezeichnet wurden. Der Arbeitskreis Wohnungsnot sieht neben der generellen Kritik aus der täglichen Beratungspraxis der teilnehmenden Projekte weiteren grundlegenden Veränderungsbedarf hinsichtlich der neuen Verordnung und fordert eine sofortige Überarbeitung.

  • Durch die komplizierten und multiplen Bewilligungskriterien verlängern sich die Bearbeitungszeiten in den Jobcentern für die Bewilligung eines Wohnungsangebotes. Das Wohnungsangebot in Berlin ist gerade für Bezieher öffentlicher Transferleistungen sehr knapp und die Situation für Wohnungslose noch weit schlechter. Selbst bei wenigen Tagen Bearbeitungszeit ist in der Regel die Wohnung schon anderweitig vermietet. Der AKWO fordert ein Verfahren, das eine Entscheidung am Tag der Antragstellung ermöglicht. Auch sollte eine vorläufige, allgemeine, persönliche Mietübernahmeerklärung für den Wohnungssuchenden ausgestellt werden, in der die zustehende maximale Miete und Größe inklusive eines eventuellen höheren Bedarfs angegeben wird.
  • Träger von betreutem Wohnen sind durch die WAV zahlreich mit dem Verlust ihrer angemieteten Trägerwohnungen konfrontiert. Die Wohnungen entsprechen zwar insgesamt den Mietobergrenzen der Jobcenter, der Quadratmeterpreis überschreitet jedoch die Angemessenheit. Da sich zunehmend weniger Hausverwaltungen zur Vermietung an Träger der Wohnungslosenhilfe bereit erklären, stellt dies für das Hilfesystem von Menschen in Wohnungsnotlagen eine immense Bedrohung dar. Der Arbeitskreis Wohnungsnot fordert eine Sonderregelung für die Anmietung von Trägerwohnungen, um dieses sehr wichtige Angebot auch zukünftig aufrecht erhalten zu können. Vereinzelt sind solche Sonderregelungen bereits vorhanden, diese basieren jedoch auf der Initiative einzelner Mitarbeitenden der Bezirke, ein rechtlicher Anspruch existiert bisher nicht. Dies gilt natürlich auch bei der Übernahme der Wohnung als Hauptmieter durch die Klienten.
  • Darüber hinaus setzt sich der Arbeitskreis Wohnungsnot für eine erweiterte Ausnahmeregelung für Klienten ein, die wohnungslos oder von Wohnungsverlust bedroht sind. Eine Genehmigung von Wohnungen, die den durchschnittlichen angemessenen Quadratmeterpreis überschreiten, ist dringend notwendig. Nur so können Wohnungslose auf dem äußerst angespannten Berliner Wohnungsmarkt eine Wohnung erhalten.
  • Seit Mai 2012 hat der Wohnberechtigungsschein wieder eine zunehmend wichtige Rolle zur Anmietung von Wohnungen für Geringverdienende und Beziehende von ALG II erhalten. Häufig kommt es jedoch zu der paradoxen Situation, dass die Wohnungen des Sozialen Wohnungsbaus völlig unerschwinglich sind bzw. weit über den Richtlinien der WAV liegen. Dies widerspricht dem ursprünglichen Sinn des Sozialen Wohnungsbaus und führt zu Leerstand bzw. erleichtert den Missbrauch der Wohnungen über Ausnahmeregelungen. Eine sozialpolitische Auseinandersetzung mit diesem Thema und die Erstellung neuer Lösungen sind dringend von Nöten. Nur so kann der sozial geförderte Wohnungsbau seinem ursprünglichen Ziel treu und ein Steuerungsinstrument für die Stadt bleiben.
  • Das Geschützte Marktsegment erfüllt bei der Wohnungsvermittlung nicht die vereinbarte Quote. Selbst wenn diese erreicht würde, würden weiterhin Wohnungen fehlen. Auch wird die Vergabepraxis in den einzelnen Bezirken unterschiedlich gehandhabt. In der früheren Praxis wurden Marktsegmentwohnungen jeweils nur 2 Bewerbenden angeboten. Aktuell stehen diese Wohnungen allen Marktsegmentberechtigten zur Verfügung. Hierdurch bleiben nun auch bei Marktsegmentwohnungen die schwächeren auf der Strecke.

Der AKWO fordert ein bedarfsgerecht fortgeschriebenes geschütztes Marktsegment mit einem einheitlichen Verfahren, in dem alle Bewerbenden gleiche Chancen haben.

Dezember 2012